Jap, jetzt ist auch hier Quarantäne angesagt. Genauer gesagt Coquimbo und La Serena. Das war aber letztlich nicht sonderlich überraschend, da die genau hier steigenden Zahlen von Infektionen das auch ein wenig angedeutet haben. Was auch immer die Leute hier machen, so richtig funktioniert das nicht. Los geht es mit dem Lockdown am Mittwochabend.
Das habe ich dann als Gelegenheit genommen, nochmal schnell ein paar Basics einzukaufen. Letztlich lief das aber alles andere als “schnell” ab. Zu Beginn war ich nochmal weiter nördlich in La Serena, im Liquid-Shop (E-Zigarette) meines Vertrauens. Da es auch der einzige Liquid-Shop hier in der Region ist, den ich kenne, war es relativ einfach, das Label von mir zu bekommen. In La Serena war jedenfalls die Hölle los. Ich habe keine Fotos gemacht, aber man muss sich die Ecke wie eine Innenstadt vorstellen (ohne die in Deutschland typischen mehrfach-geschössigen Häuser, die es hier nur sehr selten zu geben scheint). Zudem fahren Autos via Einbahnstraße mittendurch. Die Straßen mit Autos verstopft und links sowie rechts Menschenmassen, die entweder vor diesem oder jenem Geschäft Schlange stehen oder sich über die Bürgersteige schieben. Jeder noch schnell die letzten Einkäufe machen, bevor es nicht mehr so einfach geht. Der witzige Aspekt an solchen Quarantäne-Maßnahmen ist ja immer: Die Einkaufswelle direkt davor sorgt garantiert dafür, dass das nochmal schön um sich greift 😉
Der Einkauf war jedenfalls erfolgreich und dann ging es noch zu einem Supermarkt. Ich bin erst zum Acuenta – der Discounter meines Vertrauens hier, jedoch war die Schlange vor dem Geschäft schon so lang, dass ich nicht mehr mit einer großen Auswahl gerechnet habe. Der Acuenta hat grundsätzlich alles da, was man so braucht, hat jedoch gerne auch mal mehrere leere Regale d.h. wird nicht so regelmäßig wie die “normalen” Supermärkte aufgefüllt. Okay, also dann ab zum Jumbo. Die Kette Jumbo ist hier unten ein wenig die Supermarkt-Kette für die Bessergestellten. Die Preise sind ca. 10% bis 20% höher, gleichzeitig findet man aber auch viele Dinge, inbesondere auch Importware, die man in anderen Supermärkten nicht bekommt. Man kann sich das Gefälle zwischen den Ketten ein wenig so vorstellen, wie es in Deutschland noch vor vielleicht 20 Jahren war. Auch da ging “man” ja nicht zum Aldi, wenn man die höheren Preise in den anderen Ketten bezahlen konnte bzw. (noch wichtiger) wollte. Mittlerweile schert sich da in Deutschland ja fast niemand mehr drum und jede Bevölkerungsschicht ist letztlich in jedem Geschäft zu finden. Hier ist man wohl noch nicht soweit.
Die Schlange vor dem Jumbo war ordentlich. Ich habe ca. 1 1/2 Stunden gebraucht, bis ich überhaupt im Geschäft war. Wer mich kennt, weiß ja, dass ich mich ganz gerne auch mal aufregen kann. Heute bekam ich dafür viel Gelegenheit. Der Start war besagte Schlange (vielleicht 1 km lang, quer über den gesamten riesigen Parkplatz). Der Einlass hatte offensichtlich keinen Überblick darüber, wo genau die Leute (oder die Deppen, so wie ich) in der eigentlichen Schlange anstehen und wo Leute einfach von der Seite kommen und sich an den Eingang stellen, Temperatur checken lassen und reingehen. Ich hatte mich schon gewundert, warum das stellenweise überhaupt nicht mehr weiterging. Tja, weil von der Seite reingelassen wurde. Herzlichen Glückwunsch. Laune-technisch auf Betriebstemperatur.
1 1/2 Stunden später war ich dann drin. Am Automaten musste ich dann noch etwas Geld besorgen. Die Gauner haben aber nur 200.000 Pesos als Maximalbetrag zugelassen, wollten aber 6.500 Pesos als Gebühr. Über 3%. Verbrecher. Laune etwas über Betriebstemperatur.
Im Geschäft selber dann das übliche Spiel, wie man das auch aus Deutschland kennt. Es gibt halt leider Menschen, die unfähig sind, die Auswirkung ihres eigenen Verhaltens in Bezug zu ihrer Umgebung zu setzen. Will sagen: Wenn ich in einem schmalen Gang meinen Wagen mitten im Gang stehen lasse und nach links oder rechts gehe, tja, dann blockiere ich halt den Gang für den Rest. Dieser Zusammenhang ist auch hier für einige Menschen schier unergründlich. Die Spezialität der Chilenen scheint aber überdies eine wirklich unfassbare Langsamkeit zu sein. In allem. Im Gehen, im Schieben, dabei, etwas irgendwo rauszunehmen oder einfach auch nur dabei, mitten im Gang stehen zu bleiben und dann zu überlegen, was man jetzt machen möchte. Irre. Laune deutlicher über Betriebstemperatur.
Nachdem ich mich mit meinem Zeug versorgt habe, ging es ab zu den Kassen. Hier habe ich ausnahmsweise mal ein Foto gemacht:

An dieser Position habe ich über eine Stunde gestanden. Die blöde Frau in der Mitte mit der schwarzen Maske und diesem “ein Pullover ist mir viel zu unstylisch, darum hänge ich mir lieber eine alberne Decke um”-Umhang an der Truhe hatte den vollgeladenen Wagen vor mir. Sie studierte regelmäßig ihr Telefon und rannte (Verzeihung, sie schlenderte) dann immer wieder weg, um noch irgendwas zu suchen und in den Wagen zu laden. Das hatte den Effekt, dass genau in dem Moment, als es dann an der Kasse aus unerfindlichen Gründen doch einmal eine Position weiter ging, sie nicht da war, sich eine Lücke auftat, in die sofort ein älteres Ehepaar aus der Deckung der linken Seite hineinstieß, deren Einkaufswagen noch voller (!) als der Wagen von der blöden Frau mit dem “ein Pullover ist mir viel zu unstylisch, darum hänge ich mir lieber eine alberne Decke um”-Umhang war. Die blöde Frau mit dem “ein Pullover ist mir viel zu unstylisch, darum hänge ich mir lieber eine alberne Decke um”-Umhang hat das nicht mal gemerkt. Ca. 30 Minuten waren vorbei. Ich habe mich nicht vorwärts bewegt. Die Laune nahe Siedebereich.
Und dann kam die andere blöde Frau mit der blöden Bommelmütze links auf dem Foto ins Spiel. Witzigerweise habe ich die wesentlichen Hauptdarsteller meiner heutigen, erneuten “ich-bin-kein-Philanthrop”-Erkenntnistour, ohne es zu wissen auf Foto festgehalten.
Zwischen Bommelfrau und Umhangfrau war jetzt ja das pfeilschnelle ältere Ehepar und dem dazugehörigen Schwertransporter. Bommelfrau war mittlerweile an der Warteposition vor dem Fließband. Aber Bommelfrau ist ein Gutmensch. Bommelfrau weiß, wie es “richtig” ist. Wieder aus der linken Deckung (da muss ein Nest gewesen sein) kam ein älterer Herr mit seinem Einkaufswagen. Er schaut ein wenig durch die Gegend und stellt sich dann mit seinem Wagen ganz nach vorne an die Schlange rechts von uns. Die Leute dahinter etwas irritiert, aber der ältere Herr lässt sich da gar nicht beirren. Immerhin ist das so ja auch schneller. Selbst schuld, wer so doof ist und sich anstellt. Bommelfrau sieht das und klärt die Situation. Sie lässt ihn einfach vor. Sie ist aber auch so richtig gut und “richtig”. Wenn doch alle so “richtig” wären. (wir hätten uns alle lieb und würden im Supermarkt sterben, da wir ihn nie mehr verlassen könnten). Ja, Siedepunkt erreicht, es dampft.
Und dann kam endlich Bommelfrau dran. Wohlgemerkt: Meine Position bzw. mein Abstand zur Kasse hat sich bis dahin seit dem Anstellen nicht verändert. Und dann fängt Bommelfrau an, ihren Einkauf in Taschen vorzusortieren. Dann wird eine Tasche aus dem Einkaufswagen auf das Band gehoben. Dann wird mit dem eigens mitgebrachten Desinfektionsmittel das Band desinfiziert. Dann lässt es sich Bommelfrau auch nicht nehmen, nochmal durch die Gegend zu fragen, ob nicht irgendjemand noch Desinfektionsmittel haben möchte. Sie ist wirklich unfassbar “richtig”. Dann fängt Bommelfrau an, die vorsortierten Dinge aus den Taschen auf das desinfizierte Band zu legen, ohne aber die Gelegenheit zu versäumen, das Highspeed-Ehepaar mit dem “In die freie Lücke”-Stechmanöver hinter ihr darauf hinzuweisen, dass doch bitte der richtige Abstand zu ihr einzuhalten ist. Sie ist halt “richtig”.
Und dann bricht das gesamte System zusammen: Irgendwas ist mit dem älteren Herr, den sie vorgelassen hat. Er ist noch da, er liegt nicht auf dem Boden, er ist also auch nicht plötzlich tot, aber irgendwas ist und Bommelfrau weiß, wie es “richtig” ist. Das Manöver des Vorsortierens, Desinfizierens und Beladens des Fließbandes wird beendet und ab da steht Bommelfrau bei dem älteren Herr und macht und guckt. Es siedet. Absolut.
Ich habe diese Schlange dann aufgegeben, bin zu einer anderen Schlange gewechselt und habe mich wieder hinten angestellt. Die weiteren Details kürze ich jetzt mal ab:
- Das Fließband meiner neuen Kasse war kaputt
- Eine weitere blöde Frau hat die Kassiererin (!) statt mich gefragt, ob sie mit ihrer Mutter (?) wohl vor darf und sich an mir vorbei geschoben
- Ich bin vor der Bommelfrau aus dem Geschäft (und damit vor dem Highspeed-Ehepaar sowie der blöden Frau mit dem “ein Pullover ist mir viel zu unstylisch, darum hänge ich mir lieber eine alberne Decke um”-Umhang)
- Juste als ich den Laden verlassen habe, ging meine Maske kaputt (dieser olle Filter ist abgefallen). Also Maske ab. Dann kam direkt ein Militär-Mensch auf mich zu, um mich darauf hinzuweisen, dass ich eine Maske tragen müsse. Weitere Militär-Menschen dann ratz-fatz im Gefolge auch dabei, dazu noch ein Security-Typ vom Laden selber. Kaputte Maske auf, den ersten Militär-Menschen lautstark einen “Vollidioten” genannt, zum Panzer, der ca. 15m entfernt stand (was ich ihm zu erklären versucht habe), Maske ab, Panzer beladen und abgefahren.
Dazu muss man fairerweise sagen: Ich weiß, dass das Militär hier eigentlich nichts darf. Selbst wenn man durch eine Kontrolle brettert, wird einem nicht irgendwie in den Rücken geschossen. Maschinenpistole hin oder her.
So oder so war das letztlich doch ein recht erfolgreicher, wenn auch teurer (Jumbo, nicht Acuenta) Tag. Unter anderem bin ich jetzt versorgt mit:
- 2 kg Salamiwurst
- 5 kg Pommes
- 1,5 kg Heißwurst
- 1,5 kg Burgerfleisch
- 1,8 kg Mayo (Mayo ist wichtig, Pommes müssen in Mayo schwimmen)
- 3 kg Brot
Die Quarantäne kann kommen. Wie da dann der weitere Ablauf ist, werde ich sehen. Der Plan bleibt jedenfalls so wie bisher: Die Zeit hier zum Lernen nutzen und dann warten, bis der Motorrad-Transport organisiert werden kann. Wann auch immer das sein mag.
Wer werden sehen.
2 kg Salami zu 3 kg Brot…jup, stimmt. Ich hoffe Du hast noch Tabasco!
Selbstverständlich habe ich auch eine große Flasche Tabasco mitgenommen, die aber leider schon wieder zu 1/3 leer ist…
Knapp 2 Kg Burger und 5 kg Pommes? Da musste ja direkt Montag wieder los … ;-D
Sehr gute, im Sinne von, physisch nachvollziehbare, Schilderung der Ereignisse. Wurde beim Lesen wütend – wie Zen muss man sein, um das über Stunden live auszuhalten – Chapeau!
Bezogen auf die Situation an sich: Doof! Hoffentlich bewegt sich noch ein bisschen was in den nächsten Monaten. Im wahrsten Sinne.
Wirklich nervig war eigentlich nur die Bommelfrau. Dieser Typ Mensch – so wirkte sie jedenfalls – der glaubt, genau zu wissen, wie man richtig lebt und statt dem Muster einfach nur für sich selbst zu folgen, die Umwelt mit in “Geiselhaft” nimmt. Das haben die Kommunisten/Linken nie wirklich verstanden und das müssen die Grünen auch erst noch lernen. Freiheit und Liberalismus ist was anderes.
Du hast Klopapier vergessen!
Auch Klopapier war bei meinem Großeinkauf dabei ?
Hey hey, lange nichts gelesen von Dir. Geht’s Dir gut?
Hallo, ich hoffe bei Dir ist alles okay?
Jau, alles gut hier – auch wenn ich schon auf anderem Wege geantwortet habe 😉